Zitate

Seine Metallskulpturen  lichtdurchlässige, fächer- und zellenartige, in labilem Gleichgewicht schwebende Strukturen – zeigen, wie DIETRICH-MOHR, präzisen Regeln folgend, ausgewogene Konstruktionen schafft, die sich durch den Erfindungsreichtum ihrer Sprache auszeichnen, durch die Kühnheit ihrer technischen Gestaltung, und durch die schöpferische Art, wie  der Künstler das Licht als Grundbestandteil der Komposition einbezieht. Die Bildhauerkunst von DIETRICH-MOHR  erreicht so eine unmittelbare menschliche Dimension.

Denys Chevalier, DIETRICH-MOHR, Actualité de la Sculpture
ARTED, Éditions d’Art, Paris, 1975

Denys Chevalier

DIETRICH-MOHR hat sich eine ganz eigene Ausdrucksweise geschaffen, so dass man seine Werke augenblicklich erkennen kann. Sein besonderer Stil hat ihm erlaubt, schon früh innerhalb der Bildhauerkunst der Nachkriegszeit einen herausragenden Platz einzunehmen, insbesondere durch das Schaffen zahlreicher monumentaler Skulpturen. Er findet Lösungen für die neuen technischen Probleme, die sich beim Zusammenfügen von Metallteilen stellen,  und er entwickelt die moderne Kunst weiter, indem er das Potential an Formbarkeit und Ausdruckskraft ausschöpft, das im Messing, im rostfreien Stahl, im Corten-Stahl enthalten ist. Sein Schaffensprozess ist in der Orthogonalität verwurzelt, die jede Art von Überschwang und langer interpretierender Rede unmöglich macht. Die schöpferische Geste des Künstlers stützt sich auf eine wohlüberdachte Methode, der oft Tusche-oder Bleistiftzeichnungen vorausgehen – manchmal durch Aquarellfarben verschönert.

Seine technische Beherrschung des Metall-Schneidens und Schweiβens steht im Dienst des künstlerischen Ausdrucks und führt eine Bildhauerkunst fort, die knapp und ausgewogen ist, von kompromissloser Reinheit, wobei die Litotes der langen Rede vorgezogen wird – mit dem Ziel einer besonnenen Interpretationsweise….

Dietrich Mohrs Bildhauerkunst, deren Einfluss unbestritten ist, enthüllt uns mit all ihrer Aussagekraft die geheimnisvollen Wege des schöpferischen Aktes. Der Metall-Bildhauer Dietrich-Mohr ist zugleich Poet. Die besorgten Fragen, die er der Realität stellt, finden Antworten in seinem durch nichts zu erschütternden Zwiegespräch mit der Metall-Skulptur. Eine Sprache auβerhalb der Zeit.

 

Lydia Harambourg,
Korrespondentin im « Institut de France, Académie des Beaux-Arts »

Aus dem Katalog zur Ausstellung « L’UNIVERS DU METAL », die 2015 im « Eurélium Chartres » von dem « Conseil Départemental d’Eure-et-Loir » veranstaltet wurde.

 

Lydia Harambourg

Eine seltsame Kraft geht von deinen Skulpturen aus. Wir werden von ihnen erfasst und nicht selten in bedrängender Weise festgehalten. Klare Kompositionen, abstrakt und doch zugleich von einer Gegenständlichkeit, die dem Phantastischen noch genügend Raum lässt.

Bernhard Giebel: Grußwort an Dietrich persönlich zu seinem 80. Geburtstag.
Vorwort zu Peter Lodermeyer: Dietrich Mohr, 80. Geburtstag

Bernhard Giebel

Das Auβen und Innen plastischer Körper und der Kontrast des gewählten Materials ist das groβe Thema, das Dietrich Mohr in seinen Plastiken verfolgt.

Neben den Skulpturen, die Innen und Auβen als sehr kontrastreiches Gegeneinander plastischer Instrumentierung thematisieren, stehen architektonisch geschichtete und zellenhaft aufgelöste Objekte. Hier modelliert das Licht nicht nur unterschiedlich strukturierte Oberflächen der Raumobjekte, sondern es fällt auch durch die zahlreichen Öffnungen und gibt den Plastiken eine besondere Transparenz. (…)

Dietrich Mohr führt den Betrachter in eine Sehwelt, die Grundbefindlichkeiten der Menschen wie Aufstreben, Umschlossensein, Aufbrechen, Drinnensein, Geschichtetwerden als körperhaft haptisches Ereignis auf eindringliche Art und Weise vermittelt.

 

Meinrad Maria Grewenig
«Treffpunkt Kunst », Museum Haus Ludwig, Ausstellung von 1991 in Saarlouis

 

Meinrad Maria Grewenig

Das Besondere und Eigene an Dietrich Mohrs Formen ist ihr steter Bezug zum Organischen, die überraschende, kühne Verbindung von technischer und « biomorpher » lebendiger Formgestalt.

Es ist kaum ein Thema vorstellbar, das für einen Bildhauer so wenig geeignet scheint wie das des Regens. Ein Sujet, so möchte man meinen, das mit seinen atmosphärischen Möglichkeiten allenfalls für die Malerei taugt. (…) Und doch ist der Regen häufig wiederkehrendes Motiv im Werk Dietrich Mohrs : « La pluie captée » (1985), « La pluie des quatre vents » (1985), « Sous la pluie » (1986), « Manège de pluie » (1991, um nur einige Titel zu nennen. (…) Konstantes Formmotiv der Regenplastiken sind die in dichter und kompakter Parallelität geschichteten länglichen Lamellen aus Corten-Stahl. Man kann in ihnen leicht die Analogie zu den Parallelschraffuren erkennen, die ein heftiger Regen an den Himmel zeichnet. Aber freilich sind Mohrs Arbeiten keine Gefangenen ihrer Titel. Die Titel geben bloβ einen Fingerzeig, bilden einen Anstoβ für die betrachtende Vorstellungskraft, ohne sie zu gängeln und einzuengen.

 

Peter Lodermeyer
Dietrich Mohr, 80. Geburtstag

 

Peter Lodermeyer

Die Ausstellung „Trace & Volume“  –  eine Retrospektive zu den Skulpturen und Zeichnungen von DIETRICH-MOHR – stellt nicht nur seine exemplarischen Werke in den Mittelpunkt, sondern zelebriert insbesondere auch die 50 Jahre seines Lebens und künstlerischen Schaffens in Paris. Denn Mohr kam 1951 an die Seine, wo er sich in an der Académie de la Grande-Chaumière in Montparnasse bei Ossip Zadkine einschrieb.

Wir bieten unter dem schönen Titel TRACE & VOLUME einen umfassenden Überblick über sein Schaffen, von Zeichnungen bis hin zu Metallskulpturen. Bei einer der ersten Bronzeskulpturen des Künstlers mit dem Titel „Réalité dépassée“(zu Deutsch: Überholte Realität) (1957) ist der Einfluss des Kubismus offensichtlich. Zadkine ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr präsent. Der Schaffensweg von DIETRICH-MOHR sollte sehr lang und erfolgreich sein. Aber schon bei diesem Werk kann man eigentlich vorausahnen, in welche Richtung sich der junge Künstler entwickeln wird. Schon damals besaß er einen eigenen Stil, der anfing, sein Schaffen deutlich zu prägen, auch wenn er anfangs noch sehr stark von Spontanität verleitet wurde. Er wusste jedoch, dass er sich der Geometrie verschrieben hatte, diesem perfekten Gleichgewicht konstruierter Formen, nach dem er bis in die letzten Jahre seines Schaffens strebte. (…) 

Nach einer kurzen Periode figurativer Kunst, die schon die informelle Stilrichtung ankündigte, schuf DIETRICH-MOHR ab den 1960er Jahren Skulpturen wie Limpide (1960), eines der ersten Werke, das eine Vorahnung auf den künftigen konzeptuellen Stil des Künstlers gibt: Eine Skulptur, die aus  Metallblättern gefügt ist. (…)

Er festigte und verfeinerte seinen Stil, der immer mehr Kraft ausstrahlte. Einige Jahre später begann er, eine ganz eigene Ausdrucksweise zu entwickeln, die ihm internationales Renommee und Bekanntheit verschaffen sollte. Denn mit seinem Werk „Nuit transfigurée“ (zu Deutsch: Verklärte Nacht)  (1963) verfolgte er einen neuen Ansatz zur Umsetzung teils voll teils durchbrochen gearbeiteten Materials – er vereinte Fülle und Leere -, ohne bisher jedoch Licht durch das Werk passieren zu lassen. Doch schon jetzt nutzte er (bei diesem Werk) senkrechte Platten und horizontale Zinkstreifen zur geschickten Volumenkomposition und Schaffung eines einmaligen Universums.

Die Pole „Positiv – Negativ“ waren eingeführt. War sich DIETRICH MOHR bewusst, dass er damit einen Weg gefunden hatte, sich in der Welt der Kunst zu etablieren? (…) Er setzte seine Suche unermüdlich weiter fort, indem er seine Werke immer weiter zum Licht öffnete, bis sie schließlich Transparenz erlangten. Innere Trennwände verschwanden, das Werk wurde vom Himmel und der Natur eingenommen, um ihm eine ganz neue Dimension und unbestrittene Räumlichkeit zu verleihen. Sein Wunsch, Monumentales zu schaffen, fand jetzt seine Erfüllung:

Groβplastiken, die mit ihren genial zusammengesetzten, kühnen Kombinationen von strahlender Schönheit sind.    

Der Bildhauer DIETRICH-MOHR liebte in der Tat kühne Ansätze und zeigte sich immer wieder risikofreudig, was das Gleichgewicht seiner Werke angeht, das er manchmal bis an die Grenzen des Möglichen ausreizte (…).

Strenge, Intensität, Offenheit und Empfänglichkeit gehörten zu den wichtigsten Qualitäten des Künstlers, der sich ständig auf der Suche nach seinen eigenen Wurzeln befand und immer wieder von Selbstzweifeln geplagt war.

Patrick-Gilles Persin

Katalog TRACE & VOLUME, Ausstellung im Espace Culturel de l’Auditoire, Ville de Bonneval, Eure-et Loir 2001

Patrick-Gilles Persin

Bei Dietrich Mohr  gibt es keine genaue Entsprechung zwischen Zeichnung und Skulptur.  Die Zeichnung ist nicht definitiv. Dietrich-Mohr improvisiert nicht, aber er behält sich  im Moment der eigentlichen Bildhauerarbeit doch ein gewisses Maβ an Freiheit vor. Auch wenn Dietrich-Mohr das Material zwingen will, sich nach seiner Vorstellung zu formen, fügt sich das Metall  nicht immer seinem Willen. Metall lässt sich nicht wie Ton modellieren und weigert sich oft, die Form anzunehmen, die in der Zeichnung  entworfen wurde.

In diesem Fall greift der Künstler erneut zu Stift und Papier und versucht, mit einer neuen Zeichnung dem oft eigenwilligen Charakter des Metalls Rechnung zu tragen.

 

Cédric Pannevel
Direktor der Behörde für Kulturerbe und Museum der Stadt Bernay
Aus dem Vorwort zum Buch der Ausstellung „Lumière captée“, die 2011 im Museum für Kunst, Geschichte und Archäologie der Stadt Evreux veranstaltet wurde.
Verlag: point de vues, 2011

 

Cédric Pannevel

Das bildhauerische Werk besteht nicht nur aus Licht und Materie, sondern auch aus Volumen. (…) Aber keines dieser Volumen ist ganz und gar regelmäβig, absolut vollkommen. Immer ist da auch eine leichte Asymmetrie, eine Spur mangelnden Gleichgewichts, eine zarte Krümmung, die gerade das eigentliche Leben des Kunstwerkes ausmachen. Wir haben die Bedeutung der offenen Skulptur hervorgehoben, die, ausgehöhlt, zerschnitten, das Licht eindringen lässt, und die dem Blick erlaubt, das wahrzunehmen, was sich hinter dem Kunstwerk verbirgt. Dieses Prinzip, Fülle und Leere zu vereinen, erscheint als eines der entscheidenden Merkmale der Kunst Dietrich Mohrs.

 

Bernard Fauchille,
Ehrendirektor des Museums der Stadt Montbéliard
Aus dem Buch zur Ausstellung „Lumière captée“, die 2011 im Museum für Kunst, Geschichte und Archäologie der Stadt Evreux veranstaltet wurde
Verlag: point de vues, 2011

 

Bernard Fauchille

So vielfältig das Werk Dietrich Mohrs ist, so differenziert sind unsere Reaktionen darauf. Es  bietet ein Zwiegespräch an, aber ebenso weckt es dank seiner Besonderheit  Gefühle in uns: Man möchte ihm nahe sein, mit ihm Kontakt aufnehmen, ihm Fragen stellen.

In ihm ist Sanftheit und Gewalt, strenge Genauigkeit und lyrische Begeisterung, Ausgewogenheit und Widerspruch, heitere Gelassenheit und nervöse Spannung.

Die Bildhauerkunst von DIETRICH-MOHR ist ständig im Wandel.

 

Pierre Cabanne
DIETRICH-MOHR, La transparence du métal
Verlag : Adam Biro, 2001

Pierre Cabanne

Dietrich Mohr ist nicht nur ein Künstler, er ist vor allem auch ein  « Honnête Homme », so wie die  Enzyklopädie Larousse ihn definiert : « … ein sehr gebildeter Mensch, ohne jede Spur von Pedanterie, von angenehmem Wesen, vornehm sowohl in seiner äuβeren Erscheinung als auch in seinen Manieren »

Dietrich Mohr : « Eine eiserne Faust im Samthandschuh»*

Sanfte Strenge und in sich ruhende Kraft.

Der Bedeutung seines Werks voll bewusst bleibt er stets bescheiden.

Der Vollständigkeit halber sollte man noch seinen scharfen Blick erwähnen, seine geistige Regsamkeit, sein Wohlwollen anderen gegenüber. Und seinen Humor, oft verschmitzt, der in den Titeln vieler seiner Werke durchschimmert und der zugleich seine Gelehrsamkeit offenbart : « Das Auge des Bienenzüchters » (1970) inmitten von wabenartigen Strukturen, « Aspis in Wut » (1978), « Mantikor-Haupt » (1980), « Marduk der Groβe » (1995), « Janus der Wächter » (2001) usw.

Da bleibt es jedem überlassen, den Zusammenhang zwischen Werk und Titel zu finden…

*citation attribuée à Bernadotte

 

Bernard Reynis

Bernard Reynis

Dietrich Mohr gehört zu denjenigen, die unermüdlich nach neuen Möglichkeiten für die Materie Metall suchen. Insbesondere für die Metalle, denen seine Vorliebe gilt: Messing, rostfreier Stahl, Cor-ten-Stahl. Mit meisterhaftem Können zeigt er, wie formbar sie sind. Aber seine besondere Originalität  liegt weniger in der Wahl des Materials als vielmehr in dem Repertoire von Formen, das er sich geschaffen hat.  Diese Formen werden von ihm wie von einem Architekten zusammengefügt, ohne zwangsläufig streng geometrisch zu sein.  Ihre Ausgewogenheit wird durch das Gleichgewicht zwischen offener und geschlossener Form erreicht.

 

Gérard Xuriguera
Aus dem Katalog der Ausstellung « Skulpturen », Museen der Stadt Metz, 1979/80

 

Gérard Xuriguera

Die Sonne folgt ihrem Lauf, und von Stunde zu Stunde erscheint uns die im Freien stehende Skulptur in immer neuem Licht. Der Edelstahl nimmt die sich wandelnden  Farbschattierungen der Umgebung an. Wenn, in dicht gefügten Reihen, glänzende Lamellen  und aus den Hohlräumen auftauchende Schatten einander abwechseln,  werden die Lichtreflexe noch nuancenreicher. Man denkt an Laub, das im Winde erbebt.

 

Dominique Dalemont
Les sculpteurs du métal
Somogy, Editions d’Art, 2006

Dominique Dalemont